Kleine deutsche Sprachgeschichte



Die Geschichte der (hoch-)deutschen Sprache läßt sich grob in vier Hauptabschnitte einteilen:

• ca. 750 – 1050: Althochdeutsch
• ca. 1050 – 1350: Mittelhochdeutsch
• ca. 1350 – 1650: Frühneuhochdeutsch
• ab 1650: Neuhochdeutsch

Das Althochdeutsche ist keine einheitliche Sprache, sondern ein Oberbegriff für eine Gruppe westgermanischer Dialekte, die nach der Sesshaftwerdung verschiedener germanischer Stämme im Frühmittelalter südlich der norddeutschen Tiefebene („Benrather Linie“) gesprochen wurden.
Diese Dialekte unterscheiden sich von den nordwestgermanischen Dialekten durch die Durchführung der "Zweiten (Althochdeutschen) Lautverschiebung" und werden als Hochdeutsch bezeichnet. Dazu gehören Alemannisch, Bairisch, Rhein- und Mittelfränkisch, Ostmitteldeutsch, Luxemburgisch und das frühe Jiddisch.

 

Insofern ist die deutsche Sprache in ihrem Konsonantensystem vom Süden des Sprachgebiets bestimmt.

Die Dialekte nördlich der „Benrather Linie“, das heißt im Bereich Norddeutschlands und im Gebiet der heutigen Niederlande, haben diese Lautverschiebung nicht durchgeführt und werden unter dem Begriff "Niederdeutsche Sprachen" (Niedersächsisch, Niederfränkisch, Friesisch, Holländisch) zusammengefasst. Da bis in die Neuzeit im Unterschied zu den romanisch- oder slawischsprachigen Nachbarländern im deutschen Sprachraum territorial zersplitterte politische Strukturen existierten, entwickelten sich die zum Teil extrem unterschiedlichen deutschen Mundarten lange parallel nebeneinander her.


Handschrift aus Kloster Weihenstefan von 1475
Um die Mitte des 11. Jahrhunderts entwickelte sich im mittelrheinischen Gebiet eine mittelhochdeutsche Dichter- und Literatursprache, die uns in der klassisch-höfischen Ritterliteratur begegnet, in der auch keltisches und germanisches Sagengut eingebunden wurde.
Auch das Mittelhochdeutsche war keine überregional einheitliche Sprache und es gab auch noch keine einheitliche Orthographie. Bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts ist Mittelhochdeutsch vor allem als Sprache der Dichtung überliefert; gebrauchssprachliche Quellen (Rechtstexte, Sachliteratur, Chroniken, religiöse Literatur etc.) sind erst ab dieser Zeit in größerem Umfang überliefert. Ältere Texte aus diesen Themenbereichen sind üblicherweise noch in Latein verfasst, zumal eine Schreibausbildung damals fast ausschließlich in Klöstern stattfand.

Zu den bekanntesten Werken der mittelhochdeutschen Literatur gehören das Nibelungenlied, der "Parzival" Wolframs von Eschenbach, die epische Dichtung Hartmanns von Aue, der "Tristan" Gottfrieds von Straßburg, die Lieder und Gedichte Walthers von der Vogelweide sowie als Gattung der Minnesang.


Frühneuhochdeutsch nennt man die historische Sprachstufe zwischen dem Deutsch des Mittelalters und dem Neuhochdeutschen. Die Periode der frühneuhochdeutschen Sprache wird ungefähr von 1350 bis 1650 angesetzt. Das bekannteste, wenn auch nicht relevanteste Textzeugnis aus dieser Zeit ist Luthers Bibelübersetzung von 1545.

Erst nach dem "Bevölkerungsloch" des Dreißigjährigen-Krieges (1618 - 1648) nahm die Anzahl der Schreibkundigen und die Bedeutung der Schriftlichkeit zu und der Lautwandel trat in seiner Bedeutung für die Sprachentwicklung zugunsten von bewusster Normierung zurück.
Doch erst 1781 veröffentlichte Johann Christoph Adelung das erste einheitliche Wörterbuch, das sich aber in der Vielfalt der Kleinstaaterei noch nicht durchsetzen konnte.
Jacob und Wilhelm Grimm begannen 1852 mit der Herausgabe des umfassendsten Deutschen Wörterbuchs, das 1961 vollendet wurde, aber seither einer Überarbeitung unterzogen wird.
Der Durchbruch zu einer hochdeutschen „Einheitsschreibung“ gelang mit dem „Orthographischen Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Konrad Duden (1880), das in der Rechtschreibreform von 1901 in leicht veränderter Form zur Grundlage der amtlichen Rechtschreibung erklärt wurde.

Erst 1996 kam es zu einer erneuten Rechtschreibreform, die bis heute sehr umstritten ist und immer wieder mal hin- und hergewendet wird.

Für einen guten Deutsch-Coach sollte es selbstverständlich sein, daß er/ sie diese Entwicklung unserer Sprache mit Beispielen (z.B. MA-Vertonungen von "Ougenweide" in den Unterricht einbezieht, um anhand derer klar zu machen, daß wir alle aufgrund unserer Mundart-Zugehörigkeit einen gewissen "Migrationshintergrund" haben ... ;-)

Werner Friebel


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