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NLP im Coaching




Vorweg: Mit "NLP" wird viel Schindluder getrieben, etwa als Schulungsgrundlage für dubiose Verkaufs- und Pseudo-Management-Techniken oder als vorgebliche Selbstheilungsmethode. Von derartigem Missbrauch distanzieren wir uns ausdrücklich und wollen Ihnen die NLP-Grundlagen lediglich als Hilfsmittel für Ihre pädagigisch-didaktische Arbeit vorstellen.
Wenn Sie den vorangegangenen Artikel über Kommunikationsformen aufmerksam gelesen haben, wird sich Ihnen auch der Ansatz, die Funktionsweise und der Sinn von NLP-Anschauungen und -techniken erschließen.
Im Wesentlichen ist diese Coaching- und Therapiemethode nicht neu, fußt sie doch auf Erkenntnissen der Psychotherapie, eben der Kommunikationswissenschaften und der damit eng verbundenen Linguistik.
"Neuro-Linguistisches Programmieren" klingt zwar nach Computerjargon, hat mit mathematischer Datenverarbeitung aber nichts zu tun, sondern mit erlernbaren Techniken im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und Kommunikationsverbesserung.
Wie schon in der "Inneren Landkarte" formuliert, geht es darum, sich bislang unbewusste Verhaltens- und Denkmuster bewusst zu machen und die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
NLP befasst sich dabei mit den drei Grundbausteinen der Kommunikation:
1. Sprache 2. Physiologie 3. Denken
"Neuro" deshalb, weil unsere Wahrnehmungen (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen) und Verhaltensmuster über das Nervensystem, also auf neurologischer Ebene, ablaufen. "Linguistisch", weil unsere verbalen oder nonverbalen Kommunikationsformen diese Muster widerspiegeln und umgekehrt diese auch beeinflussen können. Diese Muster sind nicht starr und unveränderbar, sondern lassen sich in ganz erheblichem Umfang durch "Umprogrammieren" der "persönlichen Software" konstruktiv verändern.
Genau darin liegen die Chancen und auch Gefahren von NLP: Veränderung von Sichtweisen und Bedeutungen können im Verlauf dieses Prozesses zu ganz anderen und auch manchmal auch inhumanen Reaktionen und Verhaltensweisen führen.
Das zeigt sich immer wieder in den Auswirkungen von Gehirnwäsche jeglicher Art (Demagogie, Werbung, Manager- und Verkäufertraining, Mobbing etc.) und leider sind da nur zu oft geschulte oder sehr begabte Verführer am Werk (man denke an Göbbels).

Doch wenden wir uns den positiven Möglichkeiten zu:
Als zentrale Technik kann man das sogenannte "Reframing" betrachten, wobei der Betrachtungsrahmen der Ereignisse gewechselt wird, um so andere Bedeutungen zu erkennen oder zu verändern.
Hierzu eine kleine Geschichte aus dem alten China:

In einer armen Dorfgemeinschaft lebte ein Bauer, den man allgemein für reich hielt, weil er ein Pferd besaß, mit dem er pflügte und Lasten beförderte.
Eines Tages lief sein Pferd davon und während die Nachbarn von einem großen Unglück sprachen, sagte der Bauer nur: "Vielleicht".
Ein paar Tage später kam das Pferd mit zwei Wildpferden zurück und alle im Dorf freuten sich über das Glück. Doch der Bauer meinte wiederum nur: "vielleicht". Am nächsten Tag versuchte der Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu reiten, doch das Pferd warf ihn ab und er brach sich beide Beine. Wieder sprach man in der Gemeinde von einem "Unglück" und wieder sagte der Bauer: "Vielleicht".
Bald darauf kamen kaiserliche Rekrutierungsoffiziere ins Dorf, um alle jungen Männer zur Armee zu holen. Den Sohn des Bauern aber nahmen sie nicht mit, weil er verletzt war.

Die Geschichte zeigt sehr schön, wie vermeintliches Glück oder Unglück je nach den Rahmenbedingungen unterschiedliche Betrachtungsweisen zur Folge haben. Nun könnte man natürlich jede Ereignisfolge fatalistisch als "Schicksal" bezeichnen, doch tatsächlich haften wir in unseren positiven oder negativen Bewertungen häufig an Vorurteilen und Vermutungen.

Die daraus resultierenden Folgerungen für therapeutische Arbeit haben Anfang der 1970er - Jahre die jungen US-Wissenschaftler John Grinder und Richard Bandler auf die Idee gebracht, die Arbeitsmethoden bedeutender Therapeuten ihrer Zeit zu untersuchen. U.A. die Familientherapeutin Virginia Satir, den Begründer der Gestalttherapie Fritz Perls und den bedeutenden Hypnosetherapeuten Milton Erickson.
Zusammen mit dem berühmten Anthropologen und Kommunikatiosforscher Gregory Bateson entwickelten sie aus den wirksamsten und nützlichsten Elementen der verschiedenen Ansätze ihr eigenständiges NLP-Modell.

NLP in der psychotherapeutischen Praxis

Obwohl NLP als eigenständige psychotherapeutische Richtung von den Krankenkassen und Gesundheitsministerien offiziell noch nicht anerkannt ist, wird die Methode schon von Hunderten Ärzten, Psychotherapeuten und Lebensberatern angewandt; bei Bescheinigung einer "krankheitswertigen Störung" zahlen die Kassen zu - natürlich aber nicht bei Scharlatanen und "Lebensberatern", die pro Einzelsitzung schon mal 150 - 400 Euro verlangen.
Als wissenschaftlich untermauert gelten Erfolge von NLP als Kurzzeittherapie bei der Behandlung seelischer Störungen, die normalerweise einer mehrjährige Behandlung bedürften, wie z. B. in der Behandlung von Ängsten, Phobien, zur Raucherentwöhnung oder von Lernstörungen bei Kindern. Aber auch etwa bei gewissen Formen von Unterleibszysten kann die NLP-Therapie erfolgreich sein, eine entsprechende Spezialisierung des Behandlers vorausgesetzt. In der Regel sind für die Therapie kaum mehr als etwa 30 Stunden nötig.

Achtung Scharlatane!

Die Ausbildung zum NLP-Trainer und -Therapeuten ist nicht gesetzlich geregelt und so ist ein Riesenmarkt für unseriöse Anbieter entstanden. Bevor Sie NLP in Anspruch nehmen, sollten Sie sich über die fachliche Qualifikation des Therapeuten oder Instituts informieren:
• Hat mein Therapeut eine Gewerbeberechtigung und eine mindestens zweieinhalbjährige, anerkannte Ausbildung in NLP? Oder hat er sie im Supermarkt von Managementkursen und Selbsterfahrungsseminaren gekauft?
• Ist mein Therapeut eingetragener Psychotherapeut, und kann er auf eine solide, mindestens vierjährige Ausbildung zurückgreifen? Wo hat er die Ausbildung gemacht?
• Stimmt die persönliche Chemie? Welches Gefühl habe ich bei dieser Person?
• Seien Sie besonders kritisch, wenn das NLP-Angebot mit esoterischen, heilkundlichen und anderen zeitgeistlichen Strömungen vermischt wird
• Gefährlich wird es auf jeden Fall bei der Psychotherapie, wenn der Therapeut keine umfassende Ausbildung in NLP hat.

Die Pole verbaler Kommunikation: Meta- vs. Milton-Modell

Ein Gespräch/ Vortrag/ Diskussion oder Therapiesitzung kann unterschiedliche Intentionen und Ziele haben:
Will ich reines Wissen vermitteln oder erfahren, benutze ich das sogenannte Meta-Modell, in dem es um Genauigkeit und klare Bewusstheit der Sprechinhalte geht.
Will ich dagegen an die "Innere Landkarte", an die Erlebnis- und Gefühlswelt meiner Kommunikationspartner herankommen, benutze ich quasi als "Schlüssel" das Milton-Modell, in dem sprachliche Verallgemeinerungen, Tilgungen und Verzerrungen so eingesetzt werden können, dass man assoziativ aus seiner Erfahrungs-Welt eine Bedeutung hinzufügt.
In diesem nach dem amerikanischen Psychiater und Hypnotherapeuten Milton Erickson benannten Modell will man Personen durch ungenaue und "kunstvoll vage" Sprachmuster in Zustände führen, die letztlich das Unbewusste öffnen für hypnotherapeutische Wirkungen.
Viele Sprachmuster des Milton-Modells kann man auch im Alltag oft beobachten (Werbung, Politik, Verführung aller Art etc.)

Sehen wir uns die wesentlichen Unterschiede mal im Überblick an:

Das Meta-Modell
 
Das Milton-Modell
 
Unterteilt Sprache in kleinere Einheiten, formuliert spezifischer. Geht zu größeren sprachlichen Einheiten, formuliert allgemeiner.
Geht von der Tiefenstruktur zur Oberflächenstruktur, indem es Tilgungen, Verzerrungen und Verallgemeinerungen hinterfragt. Geht umgekehrt von der Oberflächenstruktur zur Tiefenstruktur, indem es tilgt, verzerrt und verallgemeinert.
Will Erfahrung und Bedeutung bewusst machen. Es geht um unbewusste Ressourcen.
Arbeitet mit genauen Mitteln. Befasst sich mit allgemeinen Erkenntnissen.
Arbeitet mit dem bewussten Verstehen. Arbeitet mit unbewussten Ressourcen.


"NLP - das WorkBook"

von Joseph O'Connor
VAK Verlag, 336 S.
Arbeits-Tipp: Lesen Sie zuerst die Zusammenfassung (ab S. 282), damit Sie die einzelnen Elemente und Übungen von Anfang an besser einzuordnen wissen.


Natürlich benutzen wir im täglichen Sprachumgang ständig Elemente dieser Modelle, mal dem einen, mal dem anderen Pol mehr zugeneigt.
Für einen guten Coach ist aber die bewusste Auseinandersetzung mit den daraus resultierenden Möglichkeiten sehr wichtig, weil damit auf die jeweils aktuelle Gemütsverfassung und Aufnahmebereitschaft der Coachees eingegangen werden kann.
Während man im Meta-Modell durch Hinterfragen versucht, größere Klarheit zu erlangen, formuliert man im Milton-Modell möglichst vage, damit der/ die Kommunikationspartner die Freiheit haben, auf ihre eigenen unbewussten Ressourcen zuzugreifen und damit die für sie richtige Bedeutung zu finden.

NLP für "weiches" Coaching

Weil NLP kommunikative Prozesse beschreibt und Methoden und Techniken für persönliche Veränderung pragmatisch einsetzbar macht, können einige seiner Elemente auch sinnvoll für pädagogisches Coaching verwendet werden. Im NLP wird methodisch integriert, was wirkt und hilft. Insofern ist NLP ein Methodenmix, der seine theoretischen Wurzeln im Konstruktivismus, der Systemtheorie, Verhaltens- und Gehirnforschung sowie der Linguistik und Hypnose hat.
Auf der Grundannahme des NLP der Weltsicht als "innere Landkarte" unterliegt unsere innere Kartenbildung verschiedenen, individuellen Filtermechanismen, welche die eigene Sinneswahrnehmung verzerren.
Jeder Mensch reagiert und handelt stets, so gut er kann - allerdings nur soweit, wie es ihm seine persönlche "innere" Landkarte erlaubt. Ausschlaggebend für das Wahrnehmen, Fühlen und Verhalten ist also nicht etwa unsere Erfahrung mit einer "objektiven" Wirklichkeit, sondern leider nur diese höchstpersönliche Abbildung von ihr. Viele Einschränkungen und Probleme, denen man sich im Leben hilflos ausgeliefert fühlt, existieren demnach nur auf der eigenen Landkarte.
Gelingt es nun, diese zu erweitern - neu zu programmieren -, dann stehen auch mehr "Sinngebungsverfahren" und entsprechende Verhaltensweisen zur Verfügung.
Damit lassen sich neue Sicht- und Denkweisen entwickeln sowie bislang ungenutzte kreative Potentiale und mehr Wahlmöglichkeiten erschließen.

Versuchen Sie als Coach ...

Sprach- und Denkmuster ihrer Coachees zu erkennen sowie körpersprachliche Signale richtig zu deuten.
Versuchen Sie, zunächst zum Kommunikationspartner Rapport ("einen Draht") und darauf aufbauend einen bewussten emotionalen Kontakt durch aufmerksames Zuhören und Antworten herzustellen, wofür ein angleichendes Pacing in Sitzhaltung, Tonfall und Sprechrhythmus sehr hilfreich ist.
Geben Sie positives Feedback auf positive Bemühungen und tatsächlich vorhandene Qualitäten (Ressourcen) - es gibt keine "Versager", denn jedes Verhalten ist in einem bestimmten Kontext eine Fähigkeit!
Versuchen Sie, positive Verhaltensweisen bei ihren Coachees emotional zu ankern, so daß in ressourcenarmen Zeiten darauf zurückgegriffen werden kann.
Sprechen Sie mit ihm über seine Vorstellungswelten (Innere Landkarte) und versuchen Sie, durch emphatische Gesprächsführung (Leading) andere Sichtweisen zu ermöglichen.
Sprechen Sie nicht von "richtigen" oder "falschen" Modellen der Welt, sondern lediglich von solchen, die hilfreich und nützlich bzw. weniger hilfreich sind, um das Lernen und Leben auf die Art und Weise zu gestalten, wie wir es uns erhoffen.
Spielen Sie dabei mit ihrem Coachee mental Schritte in die Zukunft durch und lassen Sie ihn sich innerlich vorstellen, wie ein neues Verhalten umgesetzt werden könnte (Future-Pace).
Erzählen Sie - am besten mal vor der Klasse - die altchinesische Bauernparabel (oder eine ähnliche).
Seien Sie nie arrogant oder herablassend, auch nicht anbiedernd jovial (auch nicht gegenüber Eltern), sondern aufmerksam und auch in kritischen Situationen gelassen.
Unblasierte Einfühlsamkeit zeigt Ihre Authentizität und nimmt ihren Coachees die Angst - mit diesem Respekt erlangen Sie Zutritt zu ihrer Welt und ihrem Vertrauen.
Entwickeln Sie zu komplexen Themen Mind Maps. Dann wären z.B. die "Ressourcen" die Wurzeln ihres Baums, "Rapport", "Feedback", "Reframing" etwa die Seitenäste des "Status quo" und die nach oben wachsenden Triebe das "Future-Pacing".
Gerade für Supervisionen bietet sich diese Herangehensweise an.
Versuchen Sie nicht, anhand dieser wenigen Einführungszeilen den NLP-Master mit eigenen Konzepten zu geben - Die eigentliche Arbeit in der NLP läuft entlang klar vorgegebener Handlungs- und Gesprächsformeln ab. Ein richtiges "NLP-Format" enthält Anweisungen, die den Beratungsprozess qualifizieren und medizinische und psychotherapeutische Elemente (u.A. Trance, Hypnose) beinhalten, die über den "gesunden Menschenverstand" hinausgehen.
Speziell an Schulpädagogen richten sich die seriösen Angebote des "Verbandes für neuro-linguistische Verfahren in Bildung und Erziehung e.V. (nlpaed)". Unter dem Motto "Lehren und lernen heißt kommunizieren" werden Ausbildungen zum LernCoach, zum Associate sowie zum Practitioner lizensiert.
Mit dem schon erwähnten NLP - das WorkBook können Sie sich nicht nur eine Übersicht, sondern auch konkrete Anwendungsmöglichkeiten verschiedener NLP-Interventionen aneignen. Mehrmaliges Durcharbeiten und selbstbeobachtendes Mitdenken ist dabei unbedingt erforderlich!

Hier sollen nur Denkansätze für eine Erweiterung Ihrer pädagogischen Möglichkeiten angeregt werden!
(Dieser Einstiegsartikel wird noch um einige Fachbeiträge erweitert)

Zusätzliche Informationen nebst vielen Links, Literaturhinweisen und Verbandsadressen finden Sie vorab
hier in der Wikipedia.
Werner Friebel



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