Ähnlich wie in Deutschland sind aus dem
England des 7. - 15. Jahrhunderts nur wenige literarische Werke
erhalten. Am bekanntesten ist die Erzählungs-Sammlung
"Canterbury Tales" , die Ende des 14.
Jahrhundert von Chaucer niedergeschrieben wurde und deshalb
sehr hohe Bedeutung für die Mittelenglische Sprache hat, weil
darin statt der damals noch üblichen Hochsprachen Lateinisch
oder Anglo-Normannisch die Volkssprache Angelsächsisch
verwendet wurde.
Daneben existiert mit Brut eine Chronik der Englischen Geschichte von den mystischen Anfängen bis ins 15. Jahrhundert in Mittelenglisch. |
In der Renaissance-Literatur spiegelt sich die enorme
Prosperität Englands unter den Tudor-Königen und
vor allem Elisabeth der I. wieder. Die Durchsetzung der
Anglikanischen Kirche gegen den Katholizismus
ließ auch das Lateinische verblassen und die Einführung
des Buchdrucks führte zu einer raschen Verbreitung des
Englischen.
Der bekannteste und wichtigste Autor jener Zeit war der Dramatiker William Shakespeare, dessen Theaterstücke bis heute weltweit zu den meistgespielten gehören. Er war vor allem ein Virtuose der Sprache, erschuf mehr neue Wörter als jeder andere englische Dichter und bereicherte so das frühe Englisch in überwältigender Weise (34.000 verschiedene Wörter zählt man in seinen Werken...). In der damals vom Vers dominierten Lyrik löste die aus Italien stammende Form des Sonett (im Stil Petrarcas) ab 1591 eine wahre Sonett-Manie aus und Edmund Spenser verfasste mit Faerie Queen das größte epische Gedicht jener Zeit. Zur Interpretation englischer Renaissance-Literatur ist das Elisabethanische Weltbild von grundlegender Bedeutung. |
Im Zeitalter der Aufklärung entstand zu
Beginn des 18. Jahrhunderts eine bürgerliche
Öffentlichkeit und ein größerer Buchmarkt, der die
Entwicklung der Kunstgattung des Romans begünstigte.
Als erster realistischer Roman der Weltliteratur wurde 1719 in England "Robinson Crusoe" von Daniel Defoe veröffentlicht. 1726 folgte die als Reiseroman verkappte politische Satire "Gullivers Reisen" von Jonathan Swift. Auch die Gattungen des Brief- und des Liebesromans (mit dem neuen Mythos der "Liebesehe") entwickelten sich zu dieser Zeit. Sogar das Romanschreiben selbst wurde zum literarischen Gegenstand; prominentestes Beispiel ist Laurence Sternes humoristischer Roman "Tristram Shandy". |
Robinson Crusoe Penguin, 298 Pages |
Die Romantik |
Die Literatur der Romantik ist vor dem
Hintergrund der epochalen Umwälzungen in Europa zu sehen
(Französische Revolution 1789). Es ist die Zeit der
Revolutionen, der Königsmorde und des Protests gegen
bestehende Herrschaftsstrukturen.
Die Dichter drücken sich durch ein gesteigertes Interesse an der Natur aus, insbesondere in ihren wilderen, unberührteren Erscheinungen. Einer negativen Sicht auf Zivilisation, Fortschritt und reine Vernunft wird ein verherrlichtes Bild des Naturmenschen ('noble savage'), ein mystifiziertes und glorifiziertes Geschichtsbild und eine Betonung natürlichen Genies, subjektiver Gefühle, freier und individueller Auslebung der Spontanität und die Kraft der Imagination gegenübergestellt. Diese Motive spiegeln sich auch in dem Klassiker "Frankenstein" (1818) von der damals erst 19-jährigen Mary Shelley wieder. Auch der Perspektivenwechsel zwischen psychologischer Innenschau und gesellschaftlichem Panorama mit der gegenseitigen Bedingtheit von Individuum und Gesellschaft wird, vor Allem in den Romanen von Jane Austen, wichtiger Bestandteil der literarischen Formen. |
Jane Austen "Pride and Prejudice" Petersen, 352 Pages |
Charles Dickens "Oliver Twist" Dover Publivations, 362 P. |
In der Viktorianischen Phase kam es mit der
zunehmenden Industrialisierung und dem Ausbau des British Empire zu stark ausgeprägten sozialen und
wirtschaftlichen Unterschieden und die Autoren dieser Epoche
reflektierten die Ängste, dass der Geist des Menschen durch
das Maschinenzeitalter zerstört werden könnte.
Ende des 19. Jahrhunderts kam es in den großen Industriestaaten endgültig zu einem tiefgreifenden Wandel des kollektiven Lebensgefühl. Er ließ Fortschrittsglauben in Kriegserwartung und Schreckensvisionen umschlagen. Prägendster Autor der viktorianischen Phase war Charles Dickens; einer seiner populärsten sozialkritischen Romane war "Oliver Twist" (1839). Die Brontë-Schwestern nahmen das früher zur Zeit der Aufklärung eingeführte Motiv der weiblichen Tugendhaftigkeit auf ("Jane Eyre", "Wuthering Heights") und thematisierten ebenfalls Verarmung und soziale Abhängigkeit. Am deutlichsten übte H. G. Wells Kritik an den gegenwärtigen sozialen Verhältnissen: Der überzeugte Sozialist beschrieb in seinem Buch "The Time Machine" (1885) ein Land, das in dekadent-müßige Eloi (Eliten) und finster-irdische Morlocks (Proletarier) gespalten ist, die nachts aus den Löchern kommen und die Eloi auffressen. |
Ein anderer prägender Autor der
Viktorianischen Phase war William Makepeace Thackeray, dessen Buch
"Vanity Fair" (1848) die Umgangsformen und
Moral seiner Tage genauestens beschrieb.
Etliche Romanautoren wandten sich dem Abenteuer und der Romanze zu: Robert Louis Stevenson schrieb die Piratengeschichte "Treasure Island" (1881) sowie den mythenschaffenden Roman "Dr. Jekyll und Mr. Hyde", in dem ein Arzt durch einen Selbstversuch in eine gute und eine böse Person gespalten wird. Aus dieser Zeit stammen auch die Kinderbuchklassiker "The Jungle Book" (1894/95) von Rudyard Kipling und der Nonsensklassiker "Alice's Adventures in Wonderland" (1865) des Oxforder Professor Lewis Carroll. In der kurzen "Edwardianischen Phase" vor dem Ersten Weltkrieg wirkte die viktorianische Erzähltradition fort. Wichtigster "Edwardianer" (Fachbegriff) in der Literatur war E.M. Forster (1879-1970). Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts produzierte er in schneller Folge mehrere Romane, dessen bekanntester wohl "A Room With a View" (1908) ist. Eine Sonderstellung nimmt "Howards End" ein: Hier kontrastiert Forster die Welt von Kultur und Kommerzialismus. Er zeigt, dass die harmonische Verbindung dichotomischer Positionen (prose – passion, culture – materialism, city – country) scheitert. Ähnliche Ansätze finden sich auch bei den wichtigen Autoren Arnold Bennett und dem späteren Literaturnobelpreisträger John Galsworthy, deren Werke bis in die Moderne hineinragen. |
The English Modernism |
Mit dem Paukenschlag des Krieges setzte auch
eine radikale Erneuerung in der Literatur ein: der Wechsel zum
experimentellen Roman. Seine Merkmale waren unter anderem
Multiperspektivität, Fragmentarisierung, Hybridität und
die Preisgabe von Linearität und Kausalität sowie die
Nutzung des "Stream of Consciousness" ("Innerer
Monolog").
Als DAS epochale Werk der Moderne schlechthin gilt der experimentelle Roman "Ulysses" des irischen Schriftstellers James Joyce. Nie zuvor hatte ein Autor den Leser so kompromisslos in ein anderes Bewusstsein entführt, wo er halbbewusste Erinnerungen, abgeschattete Gedanken und unklare Empfindungen vermengt mit Bildern, Gerüchen und Geräuschen wahrnimmt. Wichtige Vertreterinnen des experimentellen Romans waren Elizabeth Bowen und Virginia Woolf (am bekanntesten: "Who's Afraid Of Virginia Woolf?"), die den Wandel vom traditionellen zum experimentellen Erzählen in mehreren hellsichtigen Essays kommentierte. Als Folge davon erneuerte sich auch der traditionelle Roman thematisch und wurde repräsentiert durch D. H. Lawrence, Aldous Huxley ("Brave New World"), Ivy Compton-Burnett und den frühen Graham Greene. |
Ebenfalls in dieser Zeit wurde das Genre der
modernen Kurzgeschichte (engl. short story) erfunden. Ihre Autoren
waren zumeist Romanciers. In diesem Genre wurde mit traditionellen
Formen der Kurzprosa experimentiert, um eine Ästhetik zu
entwerfen, die der Lebenswelt der Modernen gerecht wird. Wichtige
Autoren auf diesem Gebiet sind Katherine Mansfield, D. H. Lawrence, Virginia Woolf
und Somerset Maugham, dessen Kurzgeschichten heute mehr
Ansehen als seine Romane genießen.
Aus der Lyrik der Moderne sind einem breiteren Publikum noch
W. H. Auden, T. S.
Eliot, und Dylan Thomas geläufig. Werner Friebel/ div. Wiki-Auszüge
aus Englische Literatur
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